Wegweiser
Isabella Sedivy und Bettina Walch
Aufbruchsstimmung für den Boden
Sie nennen sich die „Asphaltknackerinnen“: Das klingt nach Presslufthammer und Aufruhr. Und zumindest das mit dem Presslufthammer ist nicht ganz falsch. Seit rund einem Jahr beraten Isabella Sedivy und Bettina Walch aus Zürich Menschen, die Flächen entsiegeln und begrünen wollen. Sie sehen sich als Vermittlerinnen zwischen Wissen und Handeln: „Wir wissen längst, was wir gegen Klimawandel und Artensterben tun müssen“, sagt Walch. „Aber das Wissen wird nicht in die Tat umgesetzt.“
In Zürich ist etwa ein Drittel der Stadtfläche versiegelt: Parkplätze, Firmenareale, Hinterhöfe, Feuerwehrzufahrten, manchmal sogar Spielplätze. „Das hat drei Nachteile“, erklärt Sedivy. „Die Flächen heizen sich stark auf, Regenwasser kann nicht versickern – und sie sind tot.“ Damit der Boden atmen kann, organisieren die 45-jährige Naturfilmerin und ihre Kollegin die Genehmigungen, kümmern sich um eine Gartenbaufirma und zahlen sogar dafür, dass der Bauschutt recycelt wird. Möglich macht das eine Förderung der Zürcher Kantonalbank.
370 Quadratmeter haben die beiden Frauen in Zürich bislang entsiegelt, 1900 weitere sind in Planung. Die Aufträge kommen von Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen, Baugenossenschaften und der Stadt selbst. Besonders gut eignen sich laut Sedivy Flächen, auf denen Autos langsam fahren oder nur herumstehen. Das können sie nämlich genauso gut auf Rasengittersteinen oder begrüntem Straßenkies, umsäumt von heimischen Stauden und Sträuchern.
Für ihr Pilotprojekt verwandelten die Asphaltknackerinnen 75 Quadratmeter Parkplatz in eine Kiesfläche mit Blumenrasen. Für die Artenvielfalt nicht optimal, aber immerhin der Beweis, dass selbst ein Parkplatz keine Asphaltwüste sein muss. „Beton mag praktisch sein“, räumt Bettina Walch ein, eben gut zu reinigen. „Aber das darf nicht das oberste Argument sein.“ Isabella Sedivy hofft, dass die Flächen sich schnell erholen.