Wegweiser

Katrin Scherer

„Ein Café, in dem Lebensmittel wertgeschätzt werden.“
Katrin Scherer

 

Gegen Essensverschwendung, für soziale Gerechtigkeit

Ein bisschen Vintage, Holzmöbel und Kunst – auf den ersten Blick ist die Raupe Immersatt ein hippes Café am belebten Stuttgarter Hölderlinplatz. Aber: Hier muss man nichts bezahlen. Man darf verweilen, etwas aus den Regalen und Kühlschränken essen oder mitnehmen, etwa Brot, Kuchen, Nudeln, Obst und Gemüse – je nachdem, was Bäckereien oder Supermärkte übrig hatten. „Wir wollen einen Ort schaffen, an dem man einfach sein kann und der nicht an Konsum gekoppelt ist“, erzählt Katrin Scherer.

Die Kommunikationswissenschaftlerin rettet schon länger Lebensmittel vor dem Müll – denn dort landen in Deutschland elf Millionen Tonnen Essen jedes Jahr. Das Café holt das Thema in den öffentlichen Raum. Das Konzept: Lebensmittel kostenlos anbieten, für Getränke an der Bar zahlen Gäste so viel sie können. Dazu kommen Bildungsevents über die Verschwendung und ihre Ursachen, etwa für Schulklassen.

Nach dem Crowdfunding im Jahr 2017, der Vereinsgründung und Werbeaktionen dauerte es noch mehr als zwei Jahre, bis die fünf Gründerinnen und Gründer endlich Räume fanden. „Viele Vermieter waren skeptisch“, sagt Scherer, die 2020 zum Verein kam. „Ich möchte mit meiner Arbeit zur Lösung eines riesigen Problems beitragen.“ Heute sitzt sie im Vorstand.

Das Konzept geht auf. „Die Gäste sind solidarisch – so können alle teilhaben, unabhängig vom Geld“, sagt die 30-Jährige. Die 15 Mitarbeitenden der Raupe sind fest angestellt, alles finanziert durch den Getränkeverkauf, durch die Wirtschaftsförderung Stuttgart und Spenden.

Mittlerweile gibt es in anderen Städten ähnliche Cafés, etwa in Freiburg, Freising und Landau. Neben weiteren Nachahmern wünscht sich Katrin Scherer mehr Aufklärung – und dass politisch mehr passiert. Immerhin kamen schon Vertreter von der Stadtverwaltung und vom baden-württembergischen Landesministerium für Ernährung zu Besuch. Für Scherer die Ermutigung, dass die Raupe auf dem richtigen Weg ist.

Katrin Scherer