Der Wald ist für Volker Bertelmann Sinnbild für Veränderung. Als er unter seinem Künstlernamen Hauschka sein letztes Soloalbum „A Different Forest“ aufnahm, wurde ihm klar, dass er den Wald aber vor einer Veränderung bewahren möchte: der Verdrängung. In Zusammenarbeit mit Greenpeace veröffentlicht der Oscar-nominierte Komponist deswegen das Video „Feel the forest“. Darin finden sich weder Statistiken noch Bilder der Zerstörung. In den Vordergrund stellt Hauschka die Gefühle. Mit dem Greenpeace Magazin sprach er über die Hintergründe:
Was bedeutet Wald für Sie?
Wald bedeutet für mich Sehnsucht, Freiheit, Nachdenklichkeit, vielleicht Introvertiertheit, aber auch Teil der Natur sein und in ihr Orientierung suchen. Und er symbolisiert natürlich auch den Lebenskreislauf.
Es war Ihre Idee, in Kooperation mit Greenpeace das Musikvideo-Projekt „Feel the forest“ umzusetzen. Was hat Sie dazu angetrieben?
Der Wald war für mich immer wichtig. Ich bin in der Nähe des Waldes aufgewachsen, der war von meinem Elternhaus 500 Meter entfernt. Wir waren als Kinder immer dort: Der Wald war wie ein Raum, der zu einem gehört. Aber in meiner Kindheit gab es auch Zeiten, als Helikopter mit Kalkfässern über den Wald flogen und versuchten, die Übersäuerung des Bodens einzudämmen. Das gab mir schon ein komisches Gefühl. Jetzt habe ich drei Kinder, und ich finde es wichtig, dass ihre Kinder auch noch den Wald erleben können.
Das Video begleitet Menschen in den Wald, die dort verschiedene Emotionen durchleben. Was möchten Sie damit vermitteln?
Die Handlung haben wir gemeinsam entwickelt. Es sollte kein Musikvideo werden, in dem ich irgendwo im Wald sitze und Klavier spiele. Das Video reflektiert viel von dem, was ich mit dem Wald verbinde: Dass man sich dort gut beruhigen kann, dass man wesentlich tiefere Unterhaltungen führt als am Küchentisch oder auch mal schweigend nebeneinander laufen kann, ohne dass eine peinliche Stille entsteht. Im Video gibt es einen kleinen Jungen, der ist sehr bei sich: Er liegt auf dem Boden und spielt mit den Reflexionen eines Kristalls. Er drückt für mich diese innere Ausgeglichenheit aus. Neben ihm sind verschiedene Altersgruppen und Geschlechter zu sehen, wir wollen umfänglich sagen: Es hat jeder etwas vom Wald.
Auch in Ihrem letzten Album „A Different Forest“ setzten Sie sich mit dem Wald auseinander. Wie übersetzen Sie Natur in Musik?
Die Musik hat etwas sehr Geräuschhaftes, aber auch eine sehr große Ruhe. Es ist eine lyrische Platte. Für mich war wichtig, den Wald neu zu besetzen. In der deutschen Geschichte gibt es ja nicht so schöne Verbindungen zum Wald. Deswegen habe ich die Platte „A different forest“ genannt. Die Musik ist für mich eher eine Metapher. Ich beschreibe mit ihr nicht die Bäume und die Blätter, sondern wie ich mich im Wald fühle.
Sie arbeiten oft mit einem präparierten Klavier: An bestimmten Stellen im Klavier setzen Sie Gegenstände ein um den Klang zu manipulieren. Was genau machen Sie da?
Ich benutze sogenannte mutes, die auch ein Klavierstimmer benutzt, damit werden die Seiten gedämpft. Dann benutze ich oft Radiergummis, die man kneten kann, die erzeugen den Klang einer gezupften Gitarre. Ich nutze Kronkorken, Plastikfolien, die ich zwischen die Saiten und Hämmer stecke, und Teelichthüllen, die einen metallischen Klang erzeugen. Bei jedem Anschlag fangen sie an zu springen und erzeugen einen eigenen Rhythmus auf der Saite. Außerdem stelle ich Behälter auf die Saiten, die wiederum kleine Gegenstände wie Murmeln, Metallschellen oder Glöckchen enthalten. Dadurch entstehen zwei Klänge übereinander. So erzeuge ich verschiedene Texturen, deren Klänge ich nicht mehr beeinflussen kann, und das ist das Tolle. Ich bin also nicht allein der derjenige, der sagt, wo es langgeht, sondern auch die Gegenstände entscheiden mit.
Ähnlich wie bei einem Waldspaziergang, bei dem man sich auch von spontanen Beobachtungen und Geräuschen leiten lassen kann.
Das Gefühl der Verbundenheit mit der Natur ist mir wichtig. Sonst entfremdet sich die Kultur so stark von der Erde, dass sie gegen die Grundlagen der Existenz geht – und das findet ja im Moment statt. Es läuft alles darauf hinaus, dass die Ressourcen übermäßig beansprucht werden. Ich finde, ein Aufenthalt im Wald gibt einem eine Art Rückführung an das Ursprüngliche.
Überwiegt bei Ihnen also noch nicht das Gefühl der Sorge, angesichts dessen, was der Mensch dem Wald antut?
Nein, ich bin ein sehr optimistischer Mensch. Pessimismus bedeutet ja eine gewisse Form von Aufgabe, und ich bin kein Mensch, der aufgibt.
Kulturschaffende haben eine große Reichweite. Glauben Sie, sie sollten sich stärker für Umwelt- und Klimaschutz einsetzen?
Ich fühle die Verantwortung nicht nur als Kulturschaffender, sondern auch ganz einfach als Mensch. In dem Moment, in dem wir das Video veröffentlichen, ist das ja ein Statement. Mir ist aber wichtig, dass es nicht moralisch aufgeladen ist. Ich möchte eine innere Motivation erzeugen. Mit äußerer Motivation erzeugt man oft Widerstand, selbst bei Menschen, die eigentlich das gleiche wollen.
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