Wegweiser

Gerhart Wissel

„Damit kommen alle in die Natur.“
Gerhart Wissel

Der E-Rollator fürs Grobe

Skifahren im Winter, Mountainbiken im Sommer: Sein Leben lang ist der 92-jährige Gerhart Wissel aus Überlingen am Bodensee viel draußen gewesen. Im Ruhestand hatte er endlich mehr Zeit für seine Hobbys. „Mit 86 machte ich dann einen sehr schönen Salto mit dem Mountainbike“, erzählt er. Nach dem Unfall machte sein Rücken nicht mehr mit. Also nur noch Kreuzworträtsel lösen und Sport schauen? Kommt für den Naturliebhaber nicht infrage. Er will raus ins Grüne, wenigstens wandern. Auf der Suche nach einer Gehhilfe stellte er aber fest: Kein Rollator auf dem Markt taugte für schweres Gelände.

Also entwarf er selbst einen Geländerollator mit Elektroantrieb. Das Knowhow hat Wissel aus seinem Beruf: Nach dem Krieg machte er eine Lehre zum Autoschlosser, studierte später Maschinenbau und arbeitete dann lange als Fahrzeugingenieur. Und aus seiner Karriere weiß er auch, wie man sich durchsetzt. „Als Erfinder wird man häufig belächelt oder für einen Spinner gehalten“, sagt er. „Jede Erfindung fängt nun mal im Kleinen an.“ Gemeinsam mit einem Freund, der eine kleine Werkstatt hat, tüftelte er drei Jahre lang an dem Gerät. Seine Prototypen probierte er selbst aus und feilte an Details. Sein fertiger Rollator – der „Wissel-Alpin“ – verfügt nun über große Räder, die sich mit Schneeketten ausstatten lassen, Scheibenbremsen, eine Lenksperre für Hindernisse und ist sogar zusammenklappbar. So passt er in den Kofferraum oder in eine Seilbahnkabine. Der Elektroantrieb zieht Wissel bequem den Berg hinauf – auch an einem Hüftgurt, falls die Arme müde werden.

Entwickelt hatte Gerhart Wissel seinen Wissel-Alpin zunächst nur für sich selbst. Dann kam ihm der Gedanke: „Vielleicht gibt es noch mehr Verrückte wie mich, die im hohen Alter oder mit Behinderung in die Berge oder in den Wald wollen.“ Er lag richtig. Inzwischen erreichten ihn 160 Anfragen. Darum plant Wissel, die Produktion der nächsten Serie in eine größere Werkstatt zu verlagern. Interessierte lädt er für einen Testlauf ein.

Gerhart Wissel freut sich über die Nachfrage: „Ein alter Mann braucht keine Arbeit, sondern eine Aufgabe.“ Etwas Sinnvolles zu schaffen gibt ihm Selbstbewusstsein und das Gefühl, gebraucht zu werden. Das sei sein Lebenselixier. Mit seinem Geländerollator ist Wissel in den Bergen zwar langsamer unterwegs als mit dem Mountainbike. Das nimmt er aber gelassen: „So sehe ich viel mehr von meiner Umwelt.“

Gerhart Wissel