Liebe Leserinnen und Leser,

Bayerns gesetzlich geregelter Mindestabstand von neuen Windkraftanlagen zu Wohngebieten, gemeinhin als 10H-Regel bekannt, ist vielen Klimaschützern ein Dorn im Auge. Zwar spricht Ministerpräsident Markus Söder inzwischen von möglichen Ausnahmen. Gleichzeitig pochen der CSU-Parteichef und seine Regierung aber weiterhin auf die Forderung, die Laufzeit von Kohle- und Atomkraftwerken zu verlängern. Ein Tempolimit für die Energiewende, sozusagen.  

Das „Not in my backyard“-Dilemma ist freilich kein allein deutsches: Auch in den USA stoßen Pläne für neue Windparks und ähnliche Projekte regelmäßig auf heftigen Protest – und das, obwohl es dem Flächenstaat nun wahrlich nicht an Platz mangelt. Wie NPR berichtet, spielt dabei die Desinformation über soziale Medien eine wichtige Rolle. So sei der Diskurs häufig durch Ängste gespeist, die sich eigentlich wissenschaftlich widerlegen ließen. Facebook winkt auf Anfrage des Radiosenders ab: Ein Faktencheck und das damit einhergehende Kennzeichnen irreführender Inhalte sei erst ab einem gewissen Schwellenwert nötig. Na dann.

Wir legen los mit den aktuellen Meldungen des Tages. Auf geht's!

IPCC-Bericht: Ein Aufruf zur Revolution

Analyse, 6 Minuten Lesezeit

Dass im neuen Bericht des Weltklimarates IPCC erneut unangenehme Wahrheiten ausgesprochen werden würden, hatte sich lange angekündigt. Nun ist der wohl wichtigste Teilbericht für 2022 draußen. Es geht darum, wie sich der Klimawandel begrenzen lässt – oder vielmehr, welche Optionen den Ländern der Erde überhaupt noch bleiben, um eine Erderwärmung mit desaströsen Folgen zu vermeiden. Die Botschaft ist deutlich: „Die Zeit zu handeln ist jetzt.“ Klimaziele und Maßnahmen müssten dringend verbessert werden, fordert der IPCC. Die Rede ist von einem weltweiten und wirtschaftsweiten Strukturwandel sowie von Verhaltensänderungen; ein ganzes Kapitel trägt die Überschrift „Systematische Transformation“ – zwischen den Zeilen ist dieser Bericht kaum weniger als ein Aufruf zur Revolution. Eine ausführliche Analyse liefert Zeit Online

Vögel schützen, Rotoren bauen

Bericht, 2 Minuten Lesezeit

Mehr Windkraftanlagen bauen und trotzdem den Natur- und Vogelschutz beachten – was seit Langem ein Streitfall zwischen Klima- und Umweltschutz ist, wollen die beiden grün geführten Ministerien für Klima und Umwelt nun mit einem Kompromiss lösen. Ein gemeinsames „Eckpunktepapier“, das am Montag präsentiert wurde, soll „die doppelte ökologische Krise von Klimawandel und Artenaussterben“ bekämpfen und gleichzeitig neue Windanlagen „zügig und rechtssicher“ entstehen lassen. Umweltverbände bemängeln, dass der Naturschutz geschwächt wird, noch bevor die in ihren Augen tatsächlich größten Ausbaubremsen gelöst werden: nämlich die Abstandsregeln zu Wohngebieten und fehlende Bürgerbeteiligung an den Gewinnen. Der Präsident des BUND, Olaf Brandt, kritisiert gegenüber taz.de außerdem die „sehr militante“ Sprache der Eckpunkte und dass Windräder auch in Landschaftsschutzgebieten errichtet werden sollen

Hufeisennasen: Eine verzwickte Familienbande

Bericht, 3 Minuten Lesezeit

Einer Genomanalyse zufolge gibt es in Südostasien Dutzende von unbekannten Hufeisenfledermausarten. Etwa 40 Prozent der Hufeisennasen in der Region wurden laut der in „Frontiers in Ecology and Evolution“ veröffentlichten Studie noch nicht offiziell beschrieben. Hufeisennasen (Rhinolophidae) gelten als Reservoir für viele Viren, die von Tieren auf den Menschen übergehen können. Die korrekte Identifizierung von Fledermausarten könnte dazu beitragen, geografische Hotspots mit einem hohen Risiko für Zoonosen zu ermitteln, sagt Shi Zhengli, Virologin am Wuhan Institute of Virology in China. Fledermausarten genauer zu kennen, könnte zudem helfen, den Ursprung von Sars-CoV-2 zu finden, indem die Suche auf Tiere eingegrenzt wird, die möglicherweise enge Verwandte des Virus beherbergen, sagt Alice Hughes, Mitautorin der Studie und Naturschutzbiologin an der University of Hong Kong. Details hat das Spektrum Magazin

So will die Luftfahrt klimafreundlich werden

Podcast, 23 Minuten Laufzeit

Die Anzahl der Flugreisen nimmt nicht etwa ab, sondern immer weiter zu – immer mehr Menschen fliegen, und immer mehr Flughäfen werden gebaut. Aber weil die Abgase der Flieger das Klima aufheizen, forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am grünen Flugzeug. Eine Idee für die Zukunft des Fliegens sind Elektroflugzeuge mit Propellerantrieb. Mit grünem Strom betankt wären solche Flüge dann klimaneutral. Der Nachteil: Besonders weit können solche Entwicklungen bis jetzt nicht fliegen; die Batterien reichen noch nicht für weite Strecken. Eine andere Lösung, um schon jetzt CO₂ einzusparen: die Lenkung von herkömmlichen Flugzeugen in der Luft verändern und optimieren. Denn wie ein Flugzeug fliegt – auf welcher Höhe, mit wie vielen oder wenigen Umwegen – hat Einfluss auf die Klimabilanz. Im „Klimabericht“-Podcast von Spiegel Online befassen sich Sebastian Spallek, Kurt Stukenberg und Rebekka Wiese mit der Frage, wie die grüne Luftfahrt funktionieren kann

Fremde Nützlinge schaden Insekten

Hintergrund, 2 Minuten Lesezeit

Bei uns nützlich – woanders problematisch: Aus Europa eingeschleppte Regenwürmer verursachen in Nordamerika erstaunlich komplexe Schäden, berichten Forscher. Die Bodenbewohner beeinträchtigen dort die oberirdisch lebende Insektenfauna in Wäldern. Wo sich die wühlenden Invasoren etablieren, geht demnach die Biomasse und die Artenzahl der einheimischen Insekten stark zurück. Den Forschern zufolge zeigen die Ergebnisse, dass Veränderungen von Artengemeinschaften wie etwa Insekten bisher noch wenig beachtete Ursachen haben können. „Als Erklärung für die globalen Veränderungen der Insektengemeinschaften werden bisher nur wenige Ursachen herangezogen, allen vorweg Lebensraumveränderungen über der Erde“, sagt Seniorautor Nico Eisenhauer von iDiv und der Universität Leipzig laut wissenschaft.de. „Die neuen Ergebnisse zeigen, dass Biodiversitätsverlust aber durchaus auch weitere, bisher kaum beachtete Ursachen haben kann, die bei entsprechenden Naturschutzmaßnahmen berücksichtigt werden sollten“, so der Wissenschaftler

Auch Affen haben eine Vorliebe für Alkohol

Hintergrund, 2 Minuten Lesezeit

Die Vorliebe des Menschen für Alkohol hat offenbar tiefe biologische Wurzeln, wie Beobachtungen an wild lebenden Klammeraffen nahelegen. Denn diese Affen fressen bevorzugt hoch reife, schon leicht vergorene Früchte – und nehmen dabei bis zu zwei Prozent Alkohol auf. Der Alkohol liefert den Tieren zusätzliche Kalorien, könnte ihnen aber auch dabei helfen, reife, zuckerhaltige Früchte leichter zu erkennen, wie die Biologen berichten. Ähnliches könnte auch für unsere Vorfahren gegolten haben. Allerdings: Der Alkoholgehalt der Früchte reicht vermutlich nicht aus, um die Affen betrunken zu machen: „Der Bauch der Affen ist voll, bevor sie berauschende Mengen des Alkohols aufnehmen können“, erklärt Koautor Robert Dudley von der University of California in Berkeley bei scinexx