Wir haben prominente Menschen gefragt, was die Klimakrise und das Artensterben in ihnen auslösen. Wir wollten wissen, was ihnen Angst macht, was ihnen Hoffnung schenkt und welche Bedeutung die Natur für sie hat. Im Greenpeace Magazin 1.24 widmen wir uns den Emotionen, welche die Krise der Natur in vielen von uns hervorruft. Hier geht es zu weiteren Prominenten, die von ihren Umweltgefühlen erzählen.

© Annika Weintal © Annika Weintal

Dota Kehr, 44, Sängerin und Liedermacherin, 
komponierte das Lied „Keine Zeit“, dass als Hymne der Klimabewegung gilt

Was empfinden Sie in der Natur?

Ruhe.

Was machen die aktuellen Entwicklungen der Klimakrise und des Artensterbens mit Ihnen?

Ich muss mir große Mühe geben, nicht zu verzweifeln. Jeder Bericht dazu bestätigt, was wir eh schon wussten – und es geschieht trotzdem zu wenig. Wir reden und schreiben darüber, aber es werden keine Maßnahmen ergriffen, die der Dringlichkeit angemessen wären. Mir fallen zahllose Beispiele ein. Ich greife eins heraus: Man hätte schon vor Jahren anfangen können, die Inlandsflüge schrittweise abzuschaffen. Aber an derartige politische Eingriffe traut sich keine Partei heran und es stellt sich unweigerlich die Frage, ob angemessen drastische Schritte zum Klimaschutz in einer Demokratie überhaupt möglich sind – wenngleich ich die Demokratie für die bestmögliche Staatsform halte.

Was macht Ihnen Angst?

Der Klimawandel. Die sich abzeichnende Nahrungsmittelknappheit, die Dürre, die Überschwemmungen. Und die Resignation, die zu dem Thema Klimawandel um sich greift und die ich selbst auch spüre. Und gleichzeitig weiß ich, dass jedes Zehntelgrad weniger Erwärmung eine Rolle spielt und dass das Verhalten unserer Generation entscheidend dafür sein wird, wie schlimm es kommt.

Was macht Sie wütend? 

Greenwashing. KI-gemanagte Hedgefonds, die mit Lebensmittelpreisen spekulieren. Politiker, die technische Lösungen versprechen, an die alle gerne glauben wollen, aber die es nicht gibt. Die AfD, die damit Stimmen fängt, dass sie die Realität des Klimawandels und die zwingende Notwendigkeit, etwas dagegen zu unternehmen, leugnet. Die soziale Ungerechtigkeit, die zunimmt, wenn alles nur über höhere Preise geregelt wird, und die Klimaschutz immer unpopulärer macht. Die gesellschaftliche Spaltung zum Thema Klimaschutz, die immer stärker wird.

Was gibt Ihnen Hoffnung? 

Die Menschen, die sich engagieren, die auf die Straße gehen und protestieren. Naja, und Musik gibt mir Trost, aber Hoffnung gibt sie mir nicht.

© Torsten Silz © Torsten Silz

Özden Terli, 52, Meteorologe und Wetter-Moderator beim ZDF

„Die Klimakrise lässt mich nicht in Ruhe. Mir geht es so wie anderen Menschen, die mir von einem Klimabewustsein berichten, das nicht mehr weggeht. Das ist etwas, was ich schon lange habe. Es macht mir Angst, dass wir es nicht schaffen. Die Veränderungen auf dem Planeten sind bereits sehr weit fortgeschritten und der Klimaschutz zu schwach. Selbst die Anpassungsmaßnahmen entsprechen nicht dem, was sein sollte. Dazu gibt es das sechste Massenaussterben – verursacht von uns Menschen. Schwer, das alles zu ignorieren.

Wütend machen mich Medien, die ihre Rezipienten für dumm verkaufen – Politiker, die dabei mitmachen und Desinformationen verbreiten. Das hat harte Konsequenzen für die Demokratie und für die Lebensgrundlage für viele Generationen in der Zukunft.

Mir gibt Hoffnung, dass sich physikalische Fakten keiner Agenda unterordnen lassen und das unabhängige Gerichte sich bisher für Klimaschutz ausgesprochen haben. In Zukunft wird das vielleicht der einzige Hebel sein, um Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. In der Vergangenheit hat jedenfalls alles andere bisher versagt.

In der Natur empfinde ich einen tiefen Einklang und das Gefühl, ein Teil von etwas Größerem zu sein. Außerhalb dessen, was der Mensch bisher fabriziert hat. Wir sind ein Produkt der Natur auf diesem Planeten – das ist etwas, was wir niemals vergessen sollten. Unsere Handlungen zeigen aber das Gegenteil. Es funktioniert nur innerhalb der planetaren Grenzen, wir können sie nicht dauerhaft überschreiten – aber das ist ja nichts Neues.“

© Christoph Köstlin© Christoph Köstlin

Luise Befort, 27, Schauspielerin,
hat gemeinsam mit Greenpeace eine Petition gegen das Artensterben an Bundesumweltministerin Steffi Lemke überreicht

„In der Natur empfinde ich Frieden. Die Natur will nichts, sie ist einfach. Aber ein Achtel aller Arten ist vom Aussterben bedroht. Wenn das wirklich passiert, bricht das gesamte Ökosystem zusammen und damit unsere Lebensgrundlage. Wir müssen jetzt gemeinsam alles dafür tun, um das zu verhindern. Ein kleiner Erfolg war unsere Petition mit Greenpeace gegen das Artensterben. Da konnten wir 60.000 Stimmen sammeln und haben diese der Bundesumweltministerin Steffi Lemke überreicht.

Natürlich macht die Klimakrise mir Angst und es macht mich auch wütend, dass die Politik so hinterherhinkt: Wir brauchen endlich die notwendigen Maßnahmen für gerechten Klimaschutz! Mir geben Menschen Hoffnung, die nicht nur reden, sondern sich gemeinsam für Klima und Tierwohl einsetzen. Das kann auf Demos wie die von Fridays for Future sein oder mit Aktionen, wie Greenpeace sie vormacht. Zusammen kann hier viel bewegt werden.“

© Britta Pedersen / dpa / picture alliance© Britta Pedersen / dpa / picture alliance

Volker Quasching, 54,
Professor für Regenerative Energiesysteme und Mitgründer von Scientists for Future

„Ich setze mich mittlerweile seit über dreißig Jahren für Klimaschutz und eine schnelle Energiewende ein und erlebe genauso lange Anfeindungen und intensive Widerstände dagegen. Insofern erschrecken mich auch die jüngsten Entwicklungen nicht allzu sehr. Ich bin aber ratlos, warum einer Mehrheit unserer Bevölkerung angesichts der immer dramatischer sichtbar werdenden Folgen der Klimakrise immer noch nicht breit ist, die nötigen Veränderungen für wirksamen Klimaschutz zu akzeptieren.

Die Klimakrise verstärkt die Ängste der Menschen, was wiederum ein perfekter Nährboden für Populisten und Rechtsextreme ist. Wir sehen gerade, dass der Rechtsextremismus sich weltweit ausbreitet. Rechtsextreme tendieren wiederum dazu, die Klimakrise an sich in Frage zu stellen oder zumindest Klimaschutzmaßnahmen zurückzudrängen. Somit ergibt sich ein selbstverstärkender Teufelskreis. Darum ist es wichtig, dass sich möglich viele Menschen dieser Entwicklung entgegenstellen.

Mich macht wütend, dass in Deutschland die Springerpresse in den letzten Monaten eine regelrechte Kampagne gegen wirksame Klimaschutzmaßnahmen gefahren hat. Völlig unverständlich finde ich, dass Politiker:innen von CDU/CSU und FDP seit Jahren keinerlei funktionierenden Plan für wirksamen Klimaschutz vorweisen können und stattdessen ins gleiche Horn wie die Springerpresse blasen. Die Folge dieses unverantwortlichen Handels ist allerorts sichtbar: eine deutliche Stärkung populistischer und rechtsextremer Parteien. Beim Klimaschutz brauchen wir endlich einen Schulterschluss aller demokratischen Parteien und kein kopfloses Gegeneinander.

Die Fotovoltaik ist in den vergangenen Jahrzehnten zur preiswertesten Technologie für die Stromerzeugung geworden. Ähnlich dynamisch entwickelt sich weltweit der Batteriesektor. Inzwischen setzen viele Länder auf erneuerbare Energien, nicht wegen des Klimaschutzes, sondern um Geld zu sparen. Die Wachstumsraten der Fotovoltaik liegen im hohen zweistelligen Bereich. Setzt sich das fort, könnten Solaranlagen schon in wenigen Jahren weltweit immer schneller klimaschädliche Kohlekraftwerke verdrängen und Mitte des Jahrhunderts den Energiesektor dominieren. Dann hätten wir doch noch eine realistische Chance, die weltweiten Klimaschutzziele zu einzuhalten. Und das gibt mir Hoffnung.“

Protokolle: Lilly Denninger und Thomas Merten

Weitere Stimmen zum Thema finden Sie in der Übersicht. Diese Umfrage stammt aus unserer aktuellen Ausgabe „Wie geht es uns?“ In diesem Heft widmen wir uns angesichts der multiplen ökologischen Krisen dem Thema Gefühle. Das Greenpeace Magazin erhalten Sie in unserem Warenhaus oder im Bahnhofsbuchhandel. Alles über unsere vielfältigen Abonnements inklusive Prämienangeboten erfahren Sie in unserem Abo-Shop. Sie können alle Inhalte auch in digitaler Form lesen, optimiert für Tablet und Smartphone. Wir wünschen viel Inspiration beim Schmökern, Schauen und Teilen!

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