Vieles, was unumstößlich schien, steht heute auf dem Prüfstand. In Zeiten der Klimakrise wirkt manches fehl am Platze – etwa der Temporausch auf Autobahnen, findet Wolfgang Hassenstein
Kürzlich habe ich morgens vor meiner Haustür einen Gesprächsfetzen aufgeschnappt. „Hier können dann aber weniger Autos parken“, rief ein Straßenarbeiter seinem Kollegen zu. „Selber schuld, wenn die so wählen“, erwiderte der. Die beiden hatten gerade damit begonnen, entlang der Straße Fahrradbügel aufzustellen, die das Schrägparken verhindern. Einige Autostellplätze fallen nun weg. Erhitzte Diskussionen unter Nachbarn waren die Folge, die Parkplatzsuche im Viertel war schon vorher mühsam gewesen. Dann erfuhr ich von einer Freundin, dass nicht grüne Stadtteilpolitik hinter der Sache steckte – sondern die Polizei.
„Die Umstrukturierung basiert auf einer Anordnung der Straßenverkehrsbehörde“, bestätigte mir der zuständige Planer im Bezirksamt per Mail. „Gründe waren/sind die Erreichbarkeiten von Ver- und Entsorgung sowie die Einhaltung von Rettungswegen.“ Aufgrund der chaotischen Parkerei waren in dem engen Altbauviertel immer wieder Müllautos stecken geblieben – nicht auszudenken, was dann im Brandfall hätte passieren können! Außerdem kamen auf dem Gehweg oft die Kinderwagen kaum durch, weil so viele Räder an den Vorgartenzäunen lehnten. Kurzum: Ein historisch gewachsener, total inakzeptabler Zustand wurde ganz pragmatisch beseitigt – zugunsten von Sicherheit und Gerechtigkeit. Weil dagegen wenig einzuwenden ist, sind die Diskussionen auch bald verstummt.