Liebe Leserinnen und Leser,
mittlerweile hat es sich wohl herumgesprochen: Sofern Sie Abonnentin oder Abonnent des Greenpeace Magazins sind, werden Sie Mitte September die letzte Ausgabe desselben in den Händen halten. Das stimmt natürlich auch mich als langjährige Mitarbeiterin wehmütig, aber ich tröste mich mit der schönen Aussicht auf das neue Magazin atmo. Ich darf dort nämlich auch mitmachen. Wir, also diese Kolumne und ich, werden umziehen, migrieren, rübermachen.
Auch das Greenpeace Magazin war vor über zwei Jahrzehnten für mich ein Neuanfang, als ich die Greenpeace-Onlineredaktion verließ. Dort war ich 1996 eingestiegen, als die Website (wie alle anderen Websites) noch taufrisch war. Es war die Kindergartenzeit des Internets, mit viel technischem Schluckauf und dramatischen Systemabstürzen. Noch sausten keine Gigabytes durch die Leitungen, und man kannte fast alle User persönlich. Aber irgendwann nach der Jahrtausendwende war mit Relaunch, neuem Konzept und neuer Redaktion eben Zeit zu gehen, auch wenn der Abschied schwerfiel.
Mein Faible für neue Medienprojekte stammt noch aus der Zeit, als man beim Fernsehen in die Röhre guckte, an den Knöpfen des Radios drehte und Printerzeugnisse mehr oder weniger in Handarbeit herstellte.
Ganz buchstäblich tat ich das mit einigen Mitstudierenden aus einer sogenannten Basisgruppe, als uns an der Uni die ideologisch gefestigten K-Gruppen auf die Nerven gingen. Das hatte nichts mit K-Pop zu tun; hartgesottene Marxisten/Leninisten, Maoisten, Trotzkisten und was für -isten auch immer (-istinnen waren sehr dünn gesät), predigten jeweils ihre reine und einzig wahre Lehre und bekämpften einander mit heiligem Ernst.
So geht das nicht, fanden wir Spontis. Diese Bezeichnung für Leute, die glaubten, die Spontaneität der Massen werde zur Revolution von links führen, war von den K-Grüpplern abfällig gemeint, aber wir trugen sie mit Stolz. Im Gegensatz zu denen brauchten wir keine Avantgardepartei, die alles bestimmte, sondern wollten die Dinge einfach undogmatisch und selbstbestimmt anpacken.
Ganz ohne den Segen eines Zentralkomitees gründeten wir eine Zeitung namens „Blattschuss“, die wir zum Selbstkostenpreis von einer Mark in der Mensa oder bei Univeranstaltungen verkauften. Auf der Schreibmaschine getippte Texte wurden unprofessionell, aber mit viel Leidenschaft und Letraset-Anreibebuchstaben layoutet. Wir brachten es auf immerhin acht Ausgaben.
Ein paar Jahre später fand an der TU West-Berlin ein Kongress mit dem selbstironischen Namen „Tunix“ statt, aus dem unter anderem wieder ein neues Print-Projekt hervorging: eine linke Tageszeitung, die nach Meinung vieler Teilnehmender – zu denen auch ich gehörte – als Gegengewicht zur sogenannten bürgerlichen Presse dringend nötig war.
Das Ganze lief zwar professioneller ab als beim Blattschuss, aber es blieben noch reichlich Chaos, hitzige Diskussionen, viel unbezahlte Arbeit von Freiwilligen in den „taz-Inis“ und viel Spaß übrig. Texte schreiben, Büro organisieren, sich abends einen Packen Zeitungen schnappen und diese zum Verkauf in Kneipen anbieten: Es hat offensichtlich funktioniert, denn die taz gibt es immer noch, möge sie lange leben auf Erden.
Heute kann man mit Print allein keinen Blumentopf gewinnen, sondern muss auch das digitale Feld bespielen, Website, Apps, soziale Medien etc. Aber auch sonst dürfte es für das Gründungsteam einiges an Neuland geben. Wandert man durch die interne atmo-Kommunikation, ahnt man, wie viel organisatorischer Zeitaufwand da dranhängt. Wortmarke, Satzung, Steuernummer, Technikfragen…
An einer Stelle las ich die schöne Formulierung „gefühlte Gehälter“. Ich hoffe, dass die echten Gehälter zwar nicht exorbitant, aber doch deutlich höher ausfallen als beim Blattschuss (keine müde Mark) oder bei der taz (Einheitsgehälter für die wenigen Festangestellten, erst 800, später 1000 Mark. Wer mag, darf das gern in Euro umrechnen).
Da wir gerade bei den Finanzen sind: Sollte bei Ihnen noch Geld herumliegen, das auf eine sinnvolle Verwendung wartet, unter der Matratze, im Sparstrumpf oder auf dem Bankkonto – kein atmo ohne Investoren, Spenderinnen und überhaupt Menschen, die einem gewissen Wagemut und eventuell sogar einem leisen Wahnsinn nicht abgeneigt sind. Zu gegebener Zeit wird an geeigneter Stelle ein Aufruf zum Crowdfunding ergehen. Aber mitmachen dürfen (sollen!) Sie sowieso, mit oder ohne Geld.
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Das wäre meine Osterbotschaft für das Jahr 2024. Da sie durchaus was mit Auferstehung zu tun hat, passt sie ganz gut, finde ich. In diesem Sinne: frohe Ostern!
Kerstin Eitner
Redakteurin
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