Ganz im Nordosten der Republik wird im Kleinen erprobt, wie eine ökologische Gemeinschaft funktionieren und eine ganze Region beleben kann. Für die Ausgabe 2.21 „Lokal Genial“ des Greenpeace Magazins haben wir uns auf einen Streifzug durch die Dörfer Klein Jasedow und Pulow begeben

Kurz vor der Insel Usedom legt sich die Landschaft in sanfte Wellen. Schmale Straßen schlängeln sich durch weitläufige Wiesen und Felder, in den Senken liegen Seen. Über eine Allee mit Bergahornbäumen gelangt man nach Klein Jasedow. Johannes Heimrath steht auf den Betonplatten aus DDR-Zeiten, die eine provisorische Dorfstraße bilden. Seine langen grauen Haare wehen im Wind, die Augenbrauen sind buschig, die nackten Füße stecken in Clogs. Der Plattenweg führt an einer losen Ansammlung von Gebäuden entlang – restaurierte Backsteinhäuser mit gelben Fensterrahmen, alte LPG-Bauten, dazwischen ein paar neue Einfamilienhäuser. In der Luft liegt der Geruch von Kaminfeuer. Auf einem Acker ragen roter Mangold und grüner Rosenkohl aus der Erde. Schafe grasen, Hühner gackern. Kinder laufen mit Eimern über eine Wiese, bringen Gemüseschalen zum Kompost. Ein Bullerbü-Idyll, selbst im kargen Winter.

<p>Ein See zum Träumen. Direkt am Ufer liegen Wiesen und kleine bebaute Felder, auch die Dorfschule ist nicht weit entfernt</p>

Ein See zum Träumen. Direkt am Ufer liegen Wiesen und kleine bebaute Felder, auch die Dorfschule ist nicht weit entfernt

Idyll? Heimrath mag das Wort nicht. Der preisgekrönte Musiker und Komponist schätzt eher die „Widersprüche und die Vielstimmigkeit“, passend zu einem Ort, an dem das einfache Leben manchmal ganz schön kompliziert sein kann. Seit 1997 wohnen und arbeiten der 67-Jährige und seine – wie er es nennt – Lebensgemeinschaft am nordöstlichen Rand Vorpommerns. Ein Artikel im „Spiegel“ mit der Überschrift „Irgendwo am Arsch der Welt“ hatte die Unerschrockenen angelockt. Damals regierten hier noch die drei A’s – Armut, Arbeitslosigkeit und Abwanderung – und im Nachbardorf Pulow der Bürgermeister Matthias Andiel, der mit Fördergeldern vom Bund und der EU in der Region eine ökologische Gemeinschaft aufbauen wollte. Andiel dachte an Bio-Landwirtschaft, an „sanften“, naturverbundenen Tourismus und „Kunstworkshops“ für Wochenendausflügler. Das passte gut zu den Vorstellungen der Lebensgemeinschaft, die am Genfer See wohnte und gerade ebenfalls nach einem neuen Anfang suchte. Ihr Kern hatte bereits seit den Siebzigerjahren zusammengelebt: zwei Ehepaare, hauptberuflich erfolgreiche klassische Musiker, die ein Ensemble gründeten und dann beschlossen, auch gemeinsam zu leben. Es war die Zeit des großen Ausprobierens. Sie wurden Naturkostladen-Pioniere, engagierten sich für freie Bildung ohne Schulzwang, gründeten eine Softwarefirma und zogen andere an, die ebenfalls Leben und Arbeit verbinden wollten. Bald lebten zehn Menschen, alt und jung, zusammen. Und über ihnen schwebten die Fragen: Wie kann ein gutes, freies Leben in der Gemeinschaft gelingen? Wo finden wir dafür genug Platz?

<p>Liebevoll restauriert: Die Ideen von Ex-Bürgermeister Matthias Andiel gaben den Anstoß zur Rettung der Region</p>

Liebevoll restauriert: Die Ideen von Ex-Bürgermeister Matthias Andiel gaben den Anstoß zur Rettung der Region

Die Neuen und die Alten

Kurz nach dem ersten Anruf bei Bürgermeister Andiel stand die Gruppe mit Sack und Pack in Klein Jasedow – vor Ruinen, verlassenen Ställen, einem Kornspeicher, halb intakten Wohnhäusern und einer Arbeiterbaracke. Andiel sorgte mit dafür, dass die Treuhand, die den ehemals volkseigenen DDR-Besitz verwaltete, das halbe Dorf an die Lebensgemeinschaft verkaufte. Er war überzeugt, dass sie helfen könnte, den Ort wieder aufzubauen und Arbeitsplätze zu schaffen – nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Menschen der Umgebung. „Wir, die nie Arbeitgeber sein wollten, mussten sehen, wo wir Jobs für die Leute herbekommen“, erzählt Heimrath. In mühsamer, liebevoller Arbeit verwandelten die Lebensgemeinschaft und ihre Helferinnen und Helfer Klein Jasedow in ein pittoreskes Dorf, mit ökologischem Landbau, restaurierten Wohnhäusern, einem Mehrgenerationenhaus, Büros für einen Kleinverlag und dem „Klanghaus“ am See – früher Schweinestall, heute eine Bildungs- und Kulturakademie. Insgesamt verhalfen die vielfältigen Aktivitäten und Ideen rund vierzig Menschen aus Klein Jasedow und Umgebung zu neuen Arbeitsplätzen, vor allem im Nachbardorf Pulow. Dort, gut zwei Kilometer von Klein Jasedow entfernt, entstand mit den „Pulower Landwerkstätten“ eine Art Öko-Gewerbegebiet. Am Ende der Bergstraße, direkt am Acker einer Solidarischen Landwirtschaft, parken schon frühmorgens Dutzende Autos vor den weiß verputzten Hallen. Früher wurden in den Stallungen Schweine gemästet, heute arbeitet hier die Teemanufaktur „Kräutergarten Pommerland“. Nebenan, bei „Sona“, einer Firma von Johannes Heimrath, werden Gongs für Klangtherapie und Yogastudios hergestellt und bis nach China, Russland oder Lateinamerika verschickt. Die Firma „feeltone“ baut „Klangmöbel“. Auch ein Bioladen hat sich in den Landwerkstätten angesiedelt. Der Kräutergarten Pommerland, das war anfangs nur ein Garten, in dem ein paar Frauen Ringelblumen, Lavendel und Kornblumen anbauten. Daraus entstand die Idee, mit dem Verkauf und der Verarbeitung ihrer Ernte Geld zu verdienen. 

Ohne die Schaffenskraft der Zugezogenen gäbe es das alles nicht. Wir hatten die Möglichkeit, etwas Neues aufzubauen, das zu uns und diesem Ort passte.
Christiane Icke, Geschäftsführerin des Kräutergarten Pommerland

Gemeinsam pachteten sie Ackerflächen, gründeten eine Genossenschaft und kauften 2004 gemeinsam mit einem Verein, den Matthias Andiel gegründet hatte und dessen Vorstand Heimrath nun war, die alte LPG-Anlage am Rand von Pulow – die Geburtsstunde der „Landwerkstätten“. Die ersten Mitglieder der Genossenschaft kamen aus dem engeren Freundes- und Familienkreis. Mit den Einnahmen bauten sie die alte Mastanlage um, mit modernen Maschinen und einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach. Heute zählt der Kräutergarten Pommerland 134 Genossenschaftsmitglieder, vertreibt seine Kräutermischungen deutschlandweit und verkauft in guten Jahren bis zu 190.000 Packungen Tee.

Doppelbegabung: Matthias Fersterer führt den Drachenverlag und backt Brot für die Gemeinschaft

Sonnenblumenlese bei der Genossenschaft Kräutergarten Pommerland

Doppelbegabung: Matthias Fersterer führt den Drachenverlag und backt Brot für die Gemeinschaft

Sonnenblumenlese bei der Genossenschaft Kräutergarten Pommerland

Die meisten Mitarbeiterinnen leben seit ihrer Kindheit in der Region. Geschäftsführerin Christiane Icke, kurze blonde Haare, randlose Brille, die in der DDR zur Gartenfachfrau ausgebildet wurde, baute das Geschäft mit auf. Stolz führt sie durch die Räume mit den duftenden Kräutersäcken: „Ohne die Schaffenskraft der Zugezogenen gäbe es das alles nicht. Wir hatten die Möglichkeit, etwas Neues aufzubauen, das zu uns und diesem Ort passte.“ Icke öffnet einen Sack mit sattgrüner, aromatisch riechender Nanaminze, die in Klein Jasedow angebaut und geerntet wurde. „Genau so sollte eine gute Minze aussehen,“ lobt sie. Sechzig verschiedene Kräuter, die sie von verschiedenen kleinen Anbaubetrieben und Großhändlern bezieht, braucht es, um die Teemischungen herzustellen. Die Nachfrage sei stark gestiegen, aber es werde immer schwieriger, Biokräuter in guter Qualität zu bekommen. Ackergifte aus der konventionellen Landwirtschaft gelangten eben auch auf biologisch bewirtschaftete Flächen.

Viel zu tun: Abfüllanlage für die Kräutertees - Jobmaschine öko

Viel zu tun: Abfüllanlage für die Kräutertees - Jobmaschine öko

Der Konflikt um die Pestizide, die auf die Bioanbauflächen geweht werden, gehört zur Gründungsgeschichte der Gemeinschaften in Klein Jasedow und Pulow. Im Sommer 2001 färbte sich ein Feld mit Zitronenmelisse des Kräutergartens Pommerland plötzlich weiß, die Ernte war zerstört, Anwohner klagten über Kopfschmerzen und Übelkeit. Die Teemanufaktur bangte um ihre Zulassung als Biobetrieb. Mutmaßlicher Verursacher war der Großbetrieb Peeneland Agrar, der nahe gelegene Rapsfelder mit dem Herbizid Brasan gespritzt hatte, das durch ungünstige Winde offenbar auch auf die Biofelder geweht worden war. Andiel, Heimrath und die Frauen vom Kräutergarten Pommerland verteilten Flugblätter und informierten die Presse, die auch ausführlich berichtete. Juristisch war die Lage knifflig. Der Einsatz von Brasan wurde vom Landwirtschaftsministerium zwar nicht empfohlen, aber eben auch nicht ausdrücklich verboten. Und für den Wind war niemand haftbar. Der Dokumentarfilm „Die Siedler“ zeigte, wie wütende Peeneland-Mitarbeiter protestieren und den Biobäuerinnen „Lug, Betrug und Verleumdungen“ vorwerfen. Viele fürchteten um ihre Arbeitsplätze, sahen ihre Art der Landwirtschaft zu Unrecht an den Pranger gestellt. Die Lebensgemeinschaft in Klein Jasedow wurde als Sekte verunglimpft, man sprach von Hexen, die nachts nackt ums Feuer laufen. 

<p>Die Gongwerkstatt in Klein Jasedow - die Zugezogenen schafften Arbeitsplätze für rund 40 Menschen aus der Umgebung</p>

Die Gongwerkstatt in Klein Jasedow - die Zugezogenen schafften Arbeitsplätze für rund 40 Menschen aus der Umgebung

Der Konflikt ist bis heute nicht vergessen, und auch nach mehr als zwei Jahrzehnten wirken die „Wessis“ mit ihrem Klanghaus, den Klangmöbeln und ihren Kräutergärten auf einige Alteingesessene noch immer wie Aliens, deren Ufo hier 1997 irrtümlich landete und einfach blieb. Doch im Großen und Ganzen hat man sich arrangiert, wenn nicht mehr. Der Lassaner Bürgermeister Fred Gransow (CDU) lobt: „Ich bin sehr froh, dass sie da sind. Sie haben keine Kosten und Mühen gescheut, hier Arbeitsplätze zu schaffen und Kulturangebote zu machen. Heute würde niemand mehr von Klein Jasedow sprechen, wenn die Lebensgemeinschaft damals nicht hierher gekommen wäre.“ Längst liegt die Arbeitslosigkeit auch in diesem Landstrich nicht mehr bei dreißig, sondern deutlich unter zehn Prozent. Touristen, die an die malerischen Küsten und Seen Vorpommerns pilgern, spülen Geld in die Kassen, auch die Peeneland Agrar GmbH, die bei Weitem größte Grundbesitzerin der ganzen Region, prosperiert. Und doch erhielten die AfD und die noch rechtere NPD bei den letzten Landtagswahlen in der 1500-Einwohner-Stadt Lassan, die Klein Jasedow und Pulow inzwischen eingemeindet hat, 24 beziehungsweise 23 Prozent der Stimmen.

Gemeinschaft mit Außenwirkung

Im Gemeinschaftsraum von Klein Jasedow versucht gerade ein kleiner Junge, sich zwischen den Holzstühlen hochzustemmen, um einen Blick auf den riesigen Esstisch zu erhaschen. Um den Tisch unterzubringen, hat die Lebensgemeinschaft zwei der Wohnhäuser durch eine Halle verbunden, jetzt können hier alle dreißig Mitglieder gemeinsam sitzen und essen und reden. Der Junge krabbelt in den hinteren Bereich, wo auf einem Herd riesige Töpfe und Pfannen stehen. Hier wird verarbeitet, was auf dem Acker im Dorf wächst, auch das Fleisch der Hühner und Kaninchen, die die Gemeinschaft hält und schlachtet. Und doch ist das alles hier kein Biotop, in dem alle nur mit sich beschäftigt sind, sagt Lara Mallien, die gelernte Bewegungskünstlerin, die ihrem Sohn lächelnd zusieht. Die 47-Jährige ist, neben all den anderen Arbeiten hier, Chefredakteurin der „Oya“, einer von einer Genossenschaft aus rund 500 Leserinnen und Lesern getragenen Zeitschrift, die in Klein Jasedow entsteht. Im Oya-Magazin, von dem fünfmal im Jahr mehrere Tausend Stück verkauft werden, geht es wie in den Büchern des ebenfalls gemeinschaftseigenen „Drachenverlags“ um ökologische Landwirtschaft, um freie Bildung, das Leben in Gemeinschaften und um solidarische Wirtschaftsformen. Man versteht sich hier als „Zukunftskommune“, die im Kleinen erprobt, was einmal im Großen gelingen soll, und die sich auf der gleichnamigen Internetseite gemeinsam mit anderen Gruppen, die auf der Suche nach neuen Lebens- und Arbeitsformen sind, der Öffentlichkeit präsentiert. Der Austausch ist intensiv: Forschende, Autorinnen und Autoren und Kulturschaffende kommen regelmäßig zu Vorträgen und Diskussionsrunden nach Klein Jasedow, darunter auch Bestsellerautoren wie der Sozialwissenschaftler Harald Welzer („Alles könnte anders sein“) oder die Matriarchatsforscherin Heide Göttner-Abendroth, die die Gruppe selbst zum Untersuchungsobjekt machte. „Wir wollen nach außen wirken“, sagt ein Bewohner. Als Aussteiger sieht sich hier niemand.

Offene Tür: Ein Blick ins Gemeinschaftshaus von Klein Jasedow. Die Großfamilie um Johannes Heimrath (ganz rechts) ist der Kern des Projekts, sie lebt und arbeitet seit den Siebzigerjahren zusammen

Offene Tür: Ein Blick ins Gemeinschaftshaus von Klein Jasedow. Die Großfamilie um Johannes Heimrath (ganz rechts) ist der Kern des Projekts, sie lebt und arbeitet seit den Siebzigerjahren zusammen

Vor Kurzem brachte die Lebensgemeinschaft ihre Immobilien und Grundstücke in eine Stiftung ein. Das Gemeinschaftsleben soll so auch für kommende Generationen möglich sein. Die Mitglieder wirtschaften in eine Kasse, jeder gibt, was er kann. So werden auch die Kosten für die Gebäude getragen. Miete zahlt hier niemand, weder im unrenovierten Bau noch im schmucken Backsteinhaus. Dem Ganzen liegt der Gedanke zugrunde, dass die Kindererziehung, das Kochen, das Restaurieren gleichwertig mit den Tätigkeiten sind, für die am Monatsende Gehälter gezahlt werden. Und auch die Gewinne ihrer Unternehmen fließen in Projekte im Ort, die allen zugute kommen. Auf Fragen, die auch die nachfolgenden Generationen beschäftigen werden, soll die geplante „Lernwerkstatt Subsistenz“ Antworten liefern. Wie gelingt das gute Leben abseits des Turbokapitalismus – und doch nicht abseits der Gesellschaft? Wie können Regionen wirtschaftlich aus sich selbst heraus existieren? Im „Zentrum für nachhaltiges Leben und Arbeiten“ sollen Wissenschaft und Praxis gemeinsam Lösungen finden, hier sollen zum Beispiel Werkstätten für Schreinerinnen und Schreiner entstehen, die erproben, welche Bauweisen mit Rohstoffen aus der Region sich für Neubauten eignen.

Enkeltaugliche Experimente

Ihre Erkenntnisse werden dringend gebraucht, denn das Dorf wächst weiter. Mittlerweile wohnen insgesamt mehr als siebzig Menschen in Klein Jasedow, der 5000 Quadratmeter große „Duft- und Tastgarten“ wurde zum beliebten Ausflugsort, ein Netzwerk für den regionalen Tourismus ist entstanden. Allmählich wird in den einst vergessenen Dörfern der Wohnraum knapp. Rebecca und Vincent Schmock kamen vor zweieinhalb Jahren mit ihrer Tochter Laena und ihrem Sohn Jonne aus Berlin nach Pulow. Für die Familie waren die Lebensbereiche in der Stadt zu sehr voneinander getrennt: dort der Kindergarten, hier der Spielplatz, da Arbeit und Freunde. In Klein Jasedow aber teilen sich die Erwachsenen die Fürsorge, erzählen sie, und die Kleinen können allein über die Dorfstraße stromern. „An jedem Tisch ist Platz für ein weiteres Kind“, sagt Vincent Schmock. Laena besucht die 2017 gegründete „Kleine Dorfschule“ für die Kinder aus Klein Jasedow und den umliegenden Dörfern. Es ist eine sogenannte Demokratische Schule, die den Kindern große Freiräume lässt. Sie entscheiden selbst, was sie lernen – und das nicht nur in den Räumen des sonnengelben Flachbaus, sondern von und mit dem Dorf, so beschreibt es Schulmitgründerin Christine Simon. Die Kinder sind mit dabei, wenn ein Schwein geschlachtet wird, und sie dürfen überall spielen, auf den Feldern, am See, im Hühnerstall. „Hier können die Kinder in der Zeitlosigkeit versinken, ihren Neigungen nachgehen und einfach nur sein“, sagt Simon. Die private Schule finanziert sich über Zuschüsse vom Staat, Fundraising und Elternbeiträge. Künftig sollen die Kinder hier nicht nur bis zur sechsten, sondern bis zur Klassenstufe zehn lernen dürfen.

Hühnerhaufen: Die tägliche Fütterung in Klein Jasedow - die Gemeinschaft hält Hühner und schlachtet sie auch

Ein Haus aus Klang: Beata Seemann, ausgebildete Cembalistin, gibt im Klanghaus am See auch Sommerkurse in Alter Musik

Hühnerhaufen: Die tägliche Fütterung in Klein Jasedow - die Gemeinschaft hält Hühner und schlachtet sie auch

Ein Haus aus Klang: Beata Seemann, ausgebildete Cembalistin, gibt im Klanghaus am See auch Sommerkurse in Alter Musik

Die Zukunft der Kinder treibt auch Johannes Heimrath immer stärker um. Er steht am Jasedower See. „Viel zu niedrig,“ sagt er. Etwa einen halben Meter unter dem Normalwert. „Die Welt ändert sich drastisch, und wir müssen lernen, damit umzugehen.“ Vor zwei Jahren gründete Heimrath das „Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft“, für das er sechzig Biohändler und Produzenten gewinnen konnte, darunter Rapunzel, Voelkel und Ökoland. Das Ziel: ein Verbot sämtlicher Pestizide – für fruchtbare Böden, eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt, sauberes Wasser und rückstandsfreie Nahrungsmittel. Das Bündnis gibt Studien in Auftrag und sucht den Dialog mit konventionellen Landwirten. Vielleicht, so hoffen sie in der Lebensgemeinschaft, ist das Thema Enkeltauglichkeit eines, das die Menschen hier, die Alteingesessenen und die Zugezogenen, zusammenbringt.

Die Welt ändert sich drastisch, und wir müssen lernen, damit umzugehen.
Johannes Heimrath
<p>Vorwärts und nie zurück: Die Straßen rund um Klein Jasedow verbinden die Reize der Vergangenheit mit den Visionen für die Zukunft</p>

Vorwärts und nie zurück: Die Straßen rund um Klein Jasedow verbinden die Reize der Vergangenheit mit den Visionen für die Zukunft

Vor einiger Zeit hat Johannes Heimrath, der bedächtig, klug und gern erzählt, Philipp Kowolik, den Juniorchef der Peeneland Agrar, für das Oya-Magazin zu einem Gespräch über die Zukunft der Landwirtschaft getroffen, zu einem „Gedankenexperiment“. Zwei Welten trafen aufeinander, ein Konflikt grundsätzlicher Natur: Machen wir uns die Erde untertan oder leben wir mit ihr gemeinsam? Kowolik versprach, in seinem Betrieb „auf neuen Bioflächen“ zu experimentieren, mit vielfältigeren Fruchtfolgen oder der Idee, Biohafer einfach mal als Gründünger stehen zu lassen, um die Bodenqualität zu verbessern. Er würde sich freuen, wenn man „weiter im Austausch“ bliebe. Über die Belebung der Böden zum Beispiel, über Artenvielfalt, Tierfutter und darüber, ob sich nicht doch ganz viel ändern müsse, um überhaupt zu überleben. Und damit geht es letztlich um die Frage, ob hier im freundlichen Klein Jasedow am Ende der Keim zu etwas ganz Großem wächst. 

Diesen Artikel finden Sie in der Ausgabe des Greenpeace Magazins 2.21 „Lokal Genial“. Ob Klimaneutralität, Kohelabbau oder Aufbau Ost. Im Schwerpunkt besuchen wir Kommunen, die vor ihrer eigenen Tür kehren und anpacken, während die Politik in Berlin noch streitet. Das Greenpeace Magazin erhalten Sie als Einzelheft in unserem Warenhaus oder im Bahnhofsbuchhandel, alles über unsere vielfältigen Abonnements inklusive Prämienangeboten erfahren Sie in unserem Abo-Shop. Sie können alle Inhalte auch in digitaler Form lesen, optimiert für Tablet und Smartphone. Viel Inspiration beim Schmökern, Schauen und Teilen!

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