Jetzt wird der Grillspieß umgedreht Sommer, Sonne, Einweggrill: In Parks und Gärten brutzeln wieder Würstchen und Schweinesteaks auf dem Rost, übrig bleiben oft ein Haufen Müll und ein großer CO2-Fußabdruck. Im Greenpeace Magazin 5.22 verraten wir, wie der Grillgenuss klima- und umweltschonend wird.
Quizfrage: Was ist beim Grillen besonders klimaschädlich? Der Einweggrill von der Tankstelle, Kohle aus Tropenholz, die Alufolie für die Pellkartoffeln? Alles nicht falsch, aber längst nicht so CO2-intensiv wie das beliebteste Grillgut: Fleisch. Laut TÜV Rheinland macht es 95 Prozent der Treibhausgase aus. Ein Kilo Rind verursacht 13 Kilo CO2, ein Kilo Gemüse nur 150 Gramm. Doch Grillen ohne Fleisch ist für viele ein Sakrileg. Man kennt das, wenn Fleischfans zwischen Bratwurst und T-Bone-Steak gönnerhaft etwas Platz für eine traurige Tomate lassen. Laut einer Umfrage gehört für mehr als siebzig Prozent der Deutschen Fleisch auf den Rost. Viel wäre schon erreicht, wenn davon weniger gegrillt würde – und stets aus Biohaltung.
1. Grill Gutes!
Wer aber möglichst nachhaltig grillen möchte, kann mit Alternativen am meisten herausholen. „Fleischlos grillen ist die schwierigste Disziplin der vegetarischen Küche“, sagt Torsten Mertz. Der Journalist schrieb 2009 einen der ersten vegetarischen Grillratgeber („Gemüse ist mein Fleisch“) – Pionierarbeit. Gemüse enthält kaum Proteine und Fett. „Doch der Witz beim Grillen ist ja, dass es tropft, dampft, duftet“, sagt Mertz. Ein Stück Blumenkohl überzeuge da niemanden. Seine Strategie: sich von Fleischgerichten inspirieren lassen. Austernpilze etwa seien eine gute Grundlage. „Die lege ich ein paar Stunden in eine Marinade ein, kross gegrillt sind sie vergleichbar mit Hühnerfleisch.“ Einen veganen Burger bekomme man gut hin, wenn man den Kopf eines Riesenchampignons grille, auch als Portobello bekannt. „Die sind schön rund und haben einen guten Biss.“ Für die Marinade genügen Olivenöl, Knoblauch, Salz und Pfeffer. Wer es zwischen den Brötchenscheiben knusprig mag, kann die Hackbulette durch Tempeh ersetzen. Und Würstchen lassen sich gut aus Seitanpulver und Wasser formen.
Die wohl beliebteste vegetarische Alternative ist Grillkäse – nur hat der nicht nur eine schlechtere Klimabilanz als Gemüse. Je nach Fettgehalt kann der CO2-Wert von Käse sogar höher liegen als der von Geflügel- und Schweinefleisch. Torsten Mertz, seit dreißig Jahren Vegetarier, sieht das pragmatisch: „Käse bietet genau das Fett, nach dem sich Fleischfans sehnen.“ Man könne ihn sparsam verwenden, etwa Champignons damit füllen.
Der vegane Foodblogger und Kochbuchautor Jörg Mayer betreibt zusammen mit seiner Partnerin Nadine Horn seit zehn Jahren den Blog „Eat this“. Wenn etwa ein – nicht allzu großer – Kohlkopf lange genug auf dem Rost liege, entwickelt er neben dem Röstaroma eine buttrige Note und eine fast cremige Konsistenz. Den Kohl füllt er mit einer Mischung aus Linsen und Gewürzen, deren Sud sich durch alle Schichten zieht. Mayer empfiehlt, das Gemüse vorher zu blanchieren: „So nimmt es die Marinade besser auf.“
Er hat selbst in seinem Freundeskreis „Hardcore-Fleischesser“, für die er Fleischgerichte imitiert. „Blumenkohlkotelett“ oder „Boneless BBQ Ribs“ nennt er seine Rezepte. Mayer nutzt gern die faserige Konsistenz der Jackfruit. Wenn man sie in Rippchen aus Seitan einarbeitet und darauf die Barbecuesauce karamellisiert, kommt das geschmacklich und optisch nah an echte Spareribs heran (Rezept rechts). Natürlich macht auch eine aus Südostasien importierte Bio-Jackfruit die Klimabilanz nicht kleiner. Besser also, man setzt auf heimisches Gemüse.
Im Garten von Sebastian Copien mitten in München wächst auf siebzig Quadratmetern in Permakultur alles, was bei seinen Kochseminaren auf den Tisch kommt: von Kohlrabi über Pak Choi bis zu Paprika und Tomaten. Auch er bearbeitet Gemüse ähnlich wie Fleisch. Das heißt: „Grob schneiden, gut würzen, mit hoher Temperatur grillen und dann etwas nachgaren lassen.“ Wie er Fleischfans vom Gemüsegrillen überzeugt? „Am besten gar nicht ankündigen, dass vegan gegrillt wird.“ Viele würden Kartoffeln, Paprika und Blumenkohl noch immer als Beilage betrachten. „Wir müssen das Gemüse zum Star machen“, sagt Copien. Ein Sellerie, im Ofen vorgegart, gewürzt und mariniert auf dem Grill geröstet – damit begeistere man alle.
Der Profikoch und Kochbuchautor („Heftig deftig: Vegan rösten, schmoren, räuchern, grillen und braten“) hat übrigens kein Problem mit Ersatzprodukten aus dem Supermarkt. Geschmack und Textur kämen dem Original immer näher: Wenn Menschen sie statt Fleisch kaufen, „dann ist das gut für Umwelt, Tierwohl und die eigene Gesundheit“, sagt Copien.
2. Feuer und Flamme
Grillen mit Holzkohle ist die beliebteste Variante, aber bis zu dreimal klimaschädlicher als Gas- und E-Grills – und deutlich qualmintensiver. Solargrills erzeugen ihre Hitze sogar nur mit gebündeltem Sonnenlicht. Das kann jedoch dauern.
Wenn es schon Kohle sein muss, rät Mertz zu Holzkohle aus heimischen Laubwäldern. Er selbst verwendet gern Holzreste aus seinem Garten. Eine Million Tonnen Holzkohle werden in der EU pro Jahr verbraucht, nur ein Viertel davon stammt laut WWF aus EU-Produktion. In Europa ist der Handel mit Grillkohle nicht reglementiert. Darum besteht Kohle, wie sie Supermärkte, Baumärkte und Tankstellen verkaufen, oft aus Tropenholz, zum Beispiel aus Nigeria, Indonesien und Paraguay, und nicht selten aus illegalem Holzeinschlag. Mindestens das FSC- oder Naturland-Siegel sollten daher Pflicht sein, eine absolute Garantie für nachhaltige Forstwirtschaft bieten auch sie laut dem Magazin Öko-Test nicht. Gute Erfahrungen hat Torsten Mertz mit Briketts aus Olivenkernen und aus Kokosschalen gemacht, es gibt auch welche aus Maisspindeln und Weinreben – Abfallprodukte aus der Lebensmittelherstellung, die sonst keine Verwendung finden.
Klares No-Go: Alu-Einweggrills. Abgesehen von der Umweltsünde, die sie darstellen, verbrennt diese Fehlkonstruktion das Grillgut auf dem durchhängenden Rost direkt über der chemiegetränkten Kohle. Etwas besser: sogenannte ökologische Einweggrills, die aus Pappe, Lavastein und einem Grillrost aus feuerbeständigem Bambus bestehen und Bambuskohle verbrennen. Sie sind zwar kompostierbar oder können hinterher selbst als Brennmaterial dienen, allerdings müssen auch sie aufwendig produziert werden. Ungeschlagen: in einen tragbaren Grill investieren, der lässt sich immer wieder verwenden und im Freundeskreis teilen. Vegan-Koch Jörg Mayer schwört auf seinen Kugelgrill, in dem Gemüse wie in einem Ofen stundenlang garen kann. Zudem mindert die Haube den Rauch. Wer das Geld hat, sollte sich Keramikgrills anschauen. Die benötigen weniger Brennmaterial, da sie Wärme speichern. Zuletzt hat der Veggie-Grillpionier Torsten Mertz noch eine ausgefallene Variante auf Lager: eine alte Waschmaschinentrommel, auf die er den Rost legt.
Damit das Feuer in Gang kommt, bietet der Handel eine Fülle zündender Ideen.
Meist enthalten die Grillanzünder, ob flüssig oder fest, Kerosin, Petroleum oder Paraffin, Stoffe aus der Ölindustrie. Jörg Mayer empfiehlt Anzünder aus Holzwolle oder -spänen, die mit pflanzlichem Wachs überzogen sind. Geht übrigens auch im Eigenbau: Oft tut es schon ein Eierkarton, in den man die Kohle füllt. Noch effektiver wirkt dieser Zünder, wenn man Wachsreste im Wasserbad schmilzt und zusammen mit Sägespänen in die Fächer drückt. Herausgeschnitten können diese Päckchen einzeln als Anzünder dienen.
3. Alu und Asche
Nach lauen Sommernächten sind in Parks die Überbleibsel der schnelllebigen Grillkultur zu sehen: Plastikbesteck, Pappteller, Alufolie, Styroporschalen und Flaschen liegen auf der Wiese und um die überfüllten Mülleimer herum. Naheliegender Tipp: einfach Besteck, Geschirr und Küchenhandtücher von zu Hause nutzen. Denn selbst die kompostierbare Holzgabel muss ja auch erst einmal hergestellt werden und verursacht Müll.
„Komplett überflüssig ist Alufolie“, sagt Foodblogger Jörg Mayer. Kartoffeln mit dicker Schale könne man einfach in die Glut werfen und garen lassen. Sein Kollege Torsten Mertz hat als Ersatz für Alufolie Spitzkohl-, Wein-, Rharbarber-, Mangold- und Maisblätter ausprobiert. Die überstehen die Hitze unterschiedlich gut, „es bedarf etwas Übung beim stabilen Einwickeln des Grillguts“. Anstelle der berüchtigten Aluschalen eignen sich auch wiederverwendbare Unterlagen aus feuerfestem Material oder vorhandene Edelstahltöpfe und -pfannen aus der Küche.
Auch nach einer ökologisch einwandfreien Grillparty bleibt Asche übrig. Ist kein spezieller Behälter im Park aufgestellt, gehört sie ausgekühlt in den Restmüll – nicht in die Natur. Als Dünger taugt sie wegen der darin enthaltenen Schadstoffe nicht. Wer also grüner grillen möchte, muss sich ein wenig vorbereiten – aber das gilt ja für den Kochabend mit Freunden genauso.
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 5.22 „Artenvielfalt“. Das Greenpeace Magazin erhalten Sie als Einzelheft in unserem Warenhaus oder im Bahnhofsbuchhandel, alles über unsere vielfältigen Abonnements inklusive Prämienangeboten erfahren Sie in unserem Abo-Shop. Sie können alle Inhalte auch in digitaler Form lesen, optimiert für Tablet und Smartphone. Viel Inspiration beim Schmökern, Schauen und Teilen!