Brütende Basstölpel bleiben normalerweise ihrer Kolonie treu. Doch als 2022 auf Bass Rock bei Schottland die Vogelgrippe wütet, ergreifen viele die Flucht – einer fliegt bis nach Helgoland.
Bass Rock, eine gerade mal fünf Hektar große Felseninsel vor Schottlands Nordseeküste, gilt als unbewohnt – von Menschen. Für Seevögel dagegen ist das kahle Eiland ein „Place to Go“: Über und über ist es im Frühjahr von Nestern bedeckt, allein die Zahl brütender Basstölpel schätzte man noch vor Kurzem auf 150.000. So eindrucksvoll und uralt ist die Kolonie, dass sie der Art ihren deutschen und auch ihren lateinischen Namen bescherte, Morus bassanus.
Im Jahr 2022 aber erreichte die Vogelgrippe den Felsen der Tölpel, tötete Tausende – und veränderte das Verhalten der Überlebenden. Jana Jeglinski weiß das, weil sie seit vielen Jahren Basstölpel fängt und ihre Flugrouten verfolgt. Regelmäßig setzt die an der Universität Glasgow forschende Deutsche zum Bass Rock über, ausgerüstet mit einer sechs Meter langen Stange mit Schlinge daran. „Die lege ich einem Vogel um den Hals und ziehe ihn vorsichtig aus der Kolonie“, erklärt sie. Tölpel sind zwar begnadete Flieger, an Land aber unbeholfen und erstaunlich arglos.
Die Ökologin fixiert dann den Vogel in einer „Basstölpeljacke“ und klebt ihm einen GPS-Datenlogger auf die Schwanzfedern, der die Stromlinienform kaum beeinträchtigt. Fortan überträgt der Sender die Koordinaten, bis er nach einigen Monaten abfällt. Jeglinski erforscht in einem Langzeitprojekt, wie die Kolonien in Nordeuropa vernetzt sind. „Jungtiere ziehen einige Jahre umher, bis sie sich für eine Brutkolonie entscheiden“, erklärt sie. „Von da an sind sie extrem ortstreu.“ Paare bleiben oft lebenslang zusammen und brüten pro Saison in der Regel ein Ei aus. Abwechselnd unternehmen die Partner ein- bis zweitägige Beutezüge. Die Fischgründe der Kolonien überschneiden sich dabei kaum.