Wegweiser
Alexander Hedderich & Heike Schneider
Landschaftsschützer mit Charakter
Als Wasserbüffelkuh Gina das Naturschutzgebiet erreicht, ist sie nicht zu halten. Mit wilden Sprüngen galoppiert das zottelige Tier davon. Sechs Hektar dürfen sie und ihre vier Artgenossen in den nächsten Monaten beweiden. Vor mehr als zehntausend Jahren waren Wasserbüffel hier in Südhessen heimisch, streiften durch die Auen entlang des Rheins. Dann starb der Europäische Wasserbüffel aus – wie viele der riesigen Pflanzenfresser, die Mitteleuropa einst prägten. Ob daran Jäger schuld waren, Klimaänderungen oder beides, steht nicht fest.
„Was diese Großsäuger können, schaffen Hausrinder nicht“, sagt Alexander Hedderich vom Förderkreis Große Pflanzenfresser im Kreis Bergstraße. „Sie sind landschaftsprägend und ein Kulturgut.“ Der Verein will, dass große Weidetiere ins Hessische Ried zurückkehren. Neben den Wasserbüffeln beweiden fünf Ungarische Steppenrinder mehrere Flächen am Ortsrand von Lorsch. Anfangs waren sie Teil eines Projekts zur Rückzüchtung des Auerochsen. Auch der fühlte sich am Rhein einst wohl, wurde aber ausgerottet. Weil die ausladenden Hörner der Steppenrinder denen des Auerochsen ähneln, kreuzte man die Tiere mit anderen Rindern.
Heute sind die grau-weißen Riesen vor allem Landschaftspfleger: „Außer giftigen Pflanzen wie dem Jakobskreuzkraut fressen sie alles“, erzählt Hedderich, 52, Bauingenieur, der den Förderkreis 2013 mitgründete. Die Rinder halten Büsche und Bäume kurz und schaffen so Lebensräume, die rar geworden sind. Auf einer der Weiden beobachtete er kürzlich Grauammern. „Das erste Mal seit Jahren!“ Im Wasser, das sich in den Hufabdrücken sammelt, laichen Kreuzkröten und Kammmolche.
Heike Schneider, 50, ebenfalls Bauingenieurin, schaut mehrmals in der Woche nach den Wasserbüffeln, gibt ihnen Wasser und kontrolliert die Zäune. Auswildern will der Verein die Rinder nicht. „Dafür ist unsere Region zu kleinteilig“, erklärt Hedderich. Dabei kommen die Tiere gut allein zurecht. Sie können das ganze Jahr über draußen stehen. Bei Gefahr bilden sie instinktiv einen Ring um die Kälber. „Den Tierarzt brauchen wir selten“, sagt Schneider.
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 5.24 "Mut". Das Greenpeace Magazin erhalten Sie als Einzelheft in unserem Warenhaus oder im Bahnhofsbuchhandel, alles über unsere vielfältigen Abonnements inklusive Prämienangeboten erfahren Sie in unserem Abo-Shop. Sie können alle Inhalte auch in digitaler Form lesen, optimiert für Tablet und Smartphone. Viel Inspiration beim Schmökern, Schauen und Teilen!