Wegweiser

Joris Ragel

„Niemand stellt die Frage, wie Kultur nachhaltiger geht.“
Joris Ragel

Konzerttour auf zwei Rädern

Tagsüber radelt er, abends spielt er: Der 33-jährige Gitarrist Joris Ragel hat einen nachhaltigen Weg gefunden, um auf Tour zu gehen. Der Franzose fährt mit dem Rad von Gig zu Gig. „Die beste Entscheidung, die ich als Musiker je getroffen habe“, sagt er. Auf seinem grünen Lastenrad „Bobbi“ transportiert er zwei Gitarren, einen Verstärker, zwei Lautsprecher, ein Mischpult, Kleidung für eine Woche und einen Schlafsack – siebzig Kilo ohne elektrischen Antrieb. „Bobbi“ hat er sogar ein Lied gewidmet: ein Mix aus Blues, Folk und Rock.

Jahrelang verbrachte er die meiste Zeit des Tages in einem Van. „Manchmal fuhren wir mit der Band für nur ein Konzert vom Süden bis in den Norden Frankreichs und wieder zurück“, erzählt er. Ein weiteres Konzert auf der Strecke wäre laut damaligem Produzenten zu teuer gewesen. Diese Art zu touren gefiel dem Naturfreund nicht. „Alle finden Kultur gut, aber niemand stellt die Frage, wie sie auch nachhaltiger geht.“

Bei der CO2-Bilanz von Konzerten spielt insbesondere die Anreise eine Rolle – sowohl von der Band als auch vom Publikum. Als sich Ragels Band vor ein paar Jahren auflöste, wagte er einen Neustart: eine Konzerttour auf dem Fahrrad durch die Pyrenäen. Das war romantisch, aber auch anstrengend: „Teilweise musste ich das Rad schieben, wenn es bergauf ging.“ Statt in Hotels übernachtete er bei Freunden, im Zelt oder bei Leuten aus dem Ort.

Anfangs nahmen die Menschen ihn nicht ernst. Die Meinung der anderen ist ihm aber egal, und mittlerweile hat er sich im kulturellen Leben seiner Heimat am Fuß der Pyrenäen etabliert. In diesem Jahr geht er erstmals mehrere Monate am Stück auf Tour: Von Frühling bis Sommer gibt er vierzig Konzerte in Dörfern im Département Ariège an der spanischen Grenze. Damit bringt er Kultur in abgelegene Orte, in denen es sonst keine Konzerte gibt.

Neben der Musik hält er Vorträge über den Klimawandel an Schulen und lädt zu Ausflügen ein, um zum Radfahren zu ermutigen. Leider sei die Fahrradinfrastruktur auf dem Land noch immer ein Problem. Sein Highlight: ein Ausflug mit Dorfbewohnern zu einem Bauernhof, wo er ein Konzert im Kuhstall gab. „Viele sind vorher noch nie so richtig Rad gefahren“, sagt er stolz.

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 5.24 "Mut". Das Greenpeace Magazin erhalten Sie als Einzelheft in unserem Warenhaus oder im Bahnhofsbuchhandel, alles über unsere vielfältigen Abonnements inklusive Prämienangeboten erfahren Sie in unserem Abo-Shop. Sie können alle Inhalte auch in digitaler Form lesen, optimiert für Tablet und Smartphone. Viel Inspiration beim Schmökern, Schauen und Teilen!

Joris Ragel