Wegweiser
Jennifer Timrott
Plastikrevoultion auf nordische Art
„Mir wurde das Thema praktisch vor die Füße gespült“, sagt Jennifer Timrott. Als 2013 heftige Stürme tobten, lebte die ehemalige Krankenschwester auf der Hallig Hooge. „Strömung und Wind hatten Verpackungen in allen Farben und Formen angeschwemmt“, erzählt sie. Der Sturm machte ein großes Umweltproblem sichtbar: Unzählige Plastikobjekte treiben in der Nordsee, ob Flaschen, Tüten, Spielzeug, Taue oder Flipflops, und gefährden die Tierwelt.
Jennifer Timrott, die inzwischen auf dem nordfriesischen Festland in Süderlügum lebt, wollte das nicht länger hinnehmen. Schon zuvor hatte die 52-Jährige versucht, Plastik im Alltag, etwa beim Einkauf, zu meiden. „Daran bin ich krachend gescheitert“, sagt sie. „Das hat mir gezeigt, dass es mehr braucht als nur das Umdenken des Einzelnen.“ Mit einigen Mitstreitern gründete sie den Verein „Küste gegen Plastik“. Neben Vorträgen in Schulen oder Müllsammelaktionen wollen sie Firmen dazu bringen, nachhaltige Verpackungen zu verwenden, sagt Timrott. Die 190 Mitglieder schrieben zunächst Firmen an, wenn sie sich über Verpackungen ärgerten: Warum sind Kekse einzeln verpackt? Und warum nicht in Papier? Zurück kamen Ausreden: „Die Verbraucher wollen das so.“
Um das Gegenteil zu beweisen, entwickelte der Verein die kostenlose App „Replace Plastic“. Damit kann man Waren scannen und Herstellern mitteilen, dass man sich eine plastikfreie Verpackung wünscht. Zusätzlich schlägt die App Alternativen vor, die man gleich mitschicken kann. „Wir finden Unverpacktläden toll“, sagt Jennifer Timrott, „aber um die Plastikflut zu stoppen, muss sich das Angebot in den Supermärkten ändern.“
Inzwischen wurden 1,7 Millionen Verpackungen gescannt, Zehntausende Produkte verzeichnet und Mails versendet. So überzeugte der Verein unter anderem eine Hamburger Teefirma, auf Papierbeutel umzusteigen. „Wir hoffen, dass das Umdenken in kleineren Firmen einen Sog entwickelt, dem die großen Konzerne folgen“, erklärt Timrott. „Einweg ist ein Irrweg. Wir Küstenmenschen sehen das jeden Tag vor unserer Haustür.“