Wegweiser

Jürgen Graf

„Es war unglaublich, wie viele mitmachten.“
© Anne AckermannJürgen Graf© Anne Ackermann

Ein Geschenk für Wald und Menschen
Im März 2020 erkrankten Jürgen Graf, seine Frau und seine Tochter an Corona. Drei Wochen Quarantäne hielten die Familie in ihrem Zuhause in der hessischen Stadt Dreieich gefangen. Nachbarn stellten Essen vor die Tür oder erledigten Botengänge, der Bürgermeister und der Pfarrer riefen an, der gesamte Stadtteil Dreieichenhain schien Anteil zu nehmen.

Wieder genesen, wollte Graf, hauptberuflich IT-Vertriebler, etwas zurückgeben – und kam auf den nahen Wald. „Vor zwei Jahren hat hier das Sturmtief Fabienne gewütet und selbst 300-jährige Eichen umgelegt“, sagt der 47-Jährige. Warum also den Wald nicht wieder aufforsten? „Damit man sich in zwanzig Jahren an diese verrückte Zeit erinnern und der Verstorbenen gedenken kann“, sagt er. Die Forstbeamten stellten ihm begeistert ein verwüstetes Waldstück zur Verfügung. Graf startete einen Spendenaufruf auf Facebook, gründete eine Initiative, gewann Naturschützerinnen, Bienen- und Vogelfreunde und seinen Verein, die „Haaner Kerbborschen“.

20.000 Euro Spendengelder sammelte Graf, zum ersten Arbeitswochenende kamen 200 Leute. „Es war unglaublich, wie viele mitmachten. Ältere Damen aus der Nachbarschaft steuerten Kuchen bei. Als wenn sie ein Startsignal gebraucht hätten, etwas für die Natur zu tun“, sagt Graf. Die Freiwilligen räumten die umgestürzten Bäume weg, entfernten Brombeersträucher. Aus dem alten Holz legten sie Totholzhügel für Insekten an, den Rest verstreuten sie gehäckselt auf dem Boden, um diesen vor Austrocknung zu schützen. Danach pflanzten sie Esskastanien, Stieleichen, Winterlinden, Hainbuchen – Arten, die ihnen Förster empfohlen hatten, insgesamt 2000 Jungbäume. Entlang der Waldwege pflanzten sie außerdem Holundersträucher und Wildrosen – alles in ihrer Freizeit. „Obwohl es seit Wochen regnet, ist der Boden ab einer Tiefe von zwanzig Zentimetern völlig trocken“, sagt Jürgen Graf. Auswirkungen der Dürre.

Er habe viel gelernt über Laub- und Mischwald, über Artenvielfalt und Nachhaltigkeit, sagt Graf. Nun möchte er mit Kita-Kindern und dem Naturschutzbund Vogelnistplätze schaffen. Außerdem soll für jedes Neugeborene der Stadt ein Baum auf einer Streuobstwiese gepflanzt werden. Dafür sucht Graf gerade Unterstützung.

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