Wegweiser

Katrin Rieber

„So viel geiles Material, einfach für die Tonne.“
Katrin Rieber

Outdoormode mit Festivalcharme

Die Idee kam Katrin Rieber nach einem Wochenende auf dem FusionFestival an der Müritz. Als die Party mit 80.000 Leuten vorbei war, blieb eine verlassene Zeltstadt zurück. Etwa jedes dritte Zelt auf Festivals wird zurückgelassen und damit zu Müll erklärt. Viele waren nach dem wilden Wochenende kaputt. Intakte Zelte gehen an Wohltätigkeitsorganisationen, doch die Menge, die übrig bleibt, ist immer noch riesig. „Ich war schockiert“, sagt die Modedesignerin, „so viel geiles Material, einfach für die Tonne.“ Natürlich wäre es besser, die Menschen würden Zelte immer wiederverwenden, aber was tun mit dem schon angefallenen Material? Rieber packte ihr Auto voll und fing an zu nähen.

Die Hamburgerin achtet auf ein geschlossenes Kreislaufsystem. Bei Zeltstoffen ist das schwierig, denn die bestehen meist aus einem Stoffmix, der nur schwer sortenrein recycelt werden kann. Rieber gründete ihr Modelabel Tentation, holte eine Mitstreite rin ins Boot und brachte 2021 ihre erste Kollektion auf den Markt. „Fluffy-Puffy-XXL-Shopper“ oder „Shavasana-Yogabag“ nennen die beiden ihre laufstegtauglichen Outdoorprodukte, darunter Regenmäntel, Ponchos, Bauchtaschen und bald auch Handschuhe. Katrin Rieber ist wichtig, dass man der Jacke ihre Herkunft nicht ansieht: „Nichts ist schrecklicher als Taschen aus alten Jeans, bei denen die Hosen nähte zu sehen sind.“ Es ist bereits das zweite Label der Designerin, die nie in die Industrie wollte. Nach dem Studium arbeitete sie für eine kleine Modefirma, schneiderte Theaterausstattungen, dann machte sie sich selbstständig. In diesem Sommer geht sie wieder auf Festivals. Von großen Events kommt ihr Team mit einem vollgestopften Transporter zurück. Hinzu kommen ausgediente Modelle von Zeltverleihern. Am meisten freut Katrin Rieber sich über seltene beigefarbene oder helle Farbtöne. Die Stoffe werden gereinigt und gelagert, bis Rieber sie in ihrem Atelier in HamburgAltona verarbeitet, samt Reißverschluss und manchmal auch Ösen.

Rieber organisiert Stände auf Festivals und Sammelaktionen, entwirft und fertigt neue Kollektionen und sucht nach Wegen, auch ihre Zeltmode recycelbar zu machen. Irgendwann will sie eine kleine Inklusionswerkstatt eröffnen. Und sie möchte ausgewählten Musikerinnen und Künstlern Kostüme für die Auftritte nähen. Dabei legt die Designerin großen Wert auf ihre kreative Freiheit: „Wenn Lady Gaga anruft, dann darf sie vielleicht mitentscheiden. Ansonsten lasse ich mir ungern reinreden.“

Katrin Rieber