Wegweiser
Rebecca Saive
Mehr Saft aus Sonnenkraft
Die Faszination für Licht begleitet Rebecca Saive seit ihrer Kindheit. Mit acht Jahren besuchte sie mit ihrer Familie eine Moschee in Isfahan, die komplett mit Spiegeln ausgekleidet war. Mit nur einer Kerze könne man den Raum ausleuchten, erklärte ihr Vater damals. „Licht in einem Raum festzuhalten, seine Energie über die Reflektion zu recyceln, hat mich seitdem nicht mehr losgelassen“, erzählt Saive. Die Idee zog sich durch ihr Physikstudium, ihren Master und ihre Doktorarbeit. 2015, da arbeitete sie als Postdoc am California Institute of Technology, erfand Saive etwas, das man fast nicht sieht, das aber die Solarzellenindustrie entscheidend voranbringen könnte.
Das Grundprinzip, sagt die 33-Jährige, ist leicht zu verstehen. Wer sich ein Solarpaneel genauer anschaut, erkennt, dass es von silbernen Linien durchzogen ist. Das sind elektrische Kontakte, dünner als ein menschliches Haar, die den Strom transportieren. Doch die silberbeschichteten Streifen reflektieren das Sonnenlicht, dabei geht viel Energie verloren. „Mein neuer Kontakttyp ist dreieckig. Diese Form reflektiert das Licht nicht weg, sondern lenkt es in die aktive Zone der Zelle. So gewinnen wir mehr Energie.“ Um fünf bis zehn Prozent steigern ihre „Effectively Transparent Contacts“ den Wirkungsgrad der Solarzellen – klingt wenig, ist aber ein Meilenstein für die Solarzellentechnik. „Meine Erfindung bringt die Forschung um bis zu zehn Jahre nach vorn“, sagt Saive, so lange dauert eine solche Leistungssteigerung sonst üblicherweise. Erste Hersteller sind schon an Bord, Saive hofft, dass die transparenten Kontakte bald auch zur Stromversorgung auf Dächern, Satelliten oder Solarautos genutzt werden.
Um ihre Entdeckung in die Welt zu tragen, gründete Saive im Sommer 2017 gemeinsam mit zwei Mitstreitern das Start-Up „ETC Solar“. 2018 kam ein weiterer Job dazu, seitdem ist Saive auch Assistenzprofessorin an der niederländischen Universität Twente. Dass sie drei Karrieren stemmt – als Erfinderin, Unternehmerin und Professorin – erklärt Saive so: „Ich hatte ein klares Ziel vor Augen: Ich wollte nie etwas anderes als an der Solarenergieumwandlung forschen.“ Ihr geht es dabei um das große Ganze: Für die klimaneutrale und nachhaltige Zukunft sei eben nicht nur das Datum des Kohleausstiegs entscheidend, sagt Saive, sondern jede Verbesserung der Alternativen – und sei sie auch weniger als haaresbreit.