Wegweiser
Tina & Gerd Estermann
Weitab vom Skitrubel der österreichischen Alpen liegt eine sanft geschwungene Hochebene auf 2000 Metern Höhe: die Feldringer Böden. Von hier überblicken Wanderer die umliegenden Berge der Tiroler Alpen. Die Gegend gilt als Geheimtipp, touristisch noch nicht erschlossen. „Man fühlt sich da oben völlig entrückt, es herrscht eine besondere Atmosphäre“, sagt Gerd Estermann. Der pensionierte Chemielehrer wandert hier oft mit seiner Tochter Tina, die Pädagogik studiert. Für die Erhaltung ihres Lieblingsortes mussten die beiden kämpfen.
2018 wurde bekannt, dass die Feldringer Böden dem Zusammenschluss der angrenzenden Skigebiete Kühtai und Hochoetz weichen sollten, drei Lifte und eine Piste waren geplant. „Dagegen mussten wir etwas unternehmen“, sagt Tina Estermann. Obwohl im Ötz- und Pitztal viele Menschen vom Tourismus leben, fanden sie und ihr Vater schnell Mitstreiter. Schon jetzt sind rund vier Prozent der Fläche von Tirol als Skigebiete ausgewiesen, sie bedrohen Pflanzen- und Artenvielfalt.
Vater und Tochter starteten eine Petition gegen das Bauvorhaben – und sammelten mehr als 17.000 Unterschriften. Sie informierten die betroffenen Gemeinden, machten Medien aufmerksam und organisierten Demonstrationen. Das Vorhaben wurde zurückgezogen.
Der Erfolg hat ihnen Mut gegeben. Mit dem Slogan „Genug ist genug“ engagieren sie sich nun gegen das nächste Megaprojekt, das den Bauwahn in den Alpen auf die Spitze treiben würde: den Zusammenschluss der Skigebiete Ötztal und Pitztal. Wo bislang hochalpine Stille herrscht, sind Restaurants, Seilbahnen und Speicherseen geplant. Tausende Kubikmeter Beton sollen verbaut und 72 Hektar Gletscher planiert werden. Die Estermanns protestieren mit anderen Naturschützern gegen diese „Gletscherehe“: „Wir sollten die Gletscher schützen, statt sie immer weiter zuzubauen. Wer weiß, wie lange es sie noch gibt.“